Klimaschutz und Planungshoheit

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Ansgar Scharnke

Klimaschutz und Planungshoheit

Liebe Neuenhagener,

in der vergangenen Sitzung des Bauauschusses kam es zu später Stunde zu einer durchaus erhellenden Entwicklung in der Neuenhagener Ortspolitik. Auf der Tagesordnung stand ein Antrag von Bündnis 90/Die Grünen zu wassersparenden Maßnahmen. In Neuenhagen sollte unsere Niederschlagswassersatzung dahingehend erweitert werden, dass u.a. Regen- und so genanntes Grauwasser mittels Einbau zweiter Leitungsnetze in den Häusern zu nutzen ist.

Die meisten anderen Fraktionen der Gemeindevertretung, wie auch ich selbst, finden solche Maßnahmen vorbildlich und sinnvoll. Doch relativ schnell und deutlich waren wir uns einig, dass der Weg in Neuenhagen nicht sein darf, unseren Bürgern solche Vorgaben zu machen und ihnen vorzuschreiben, ob sie in ihr Haus ein weiteres Leitungsnetz für die Nutzung von Regenwasser im Haus einbauen müssen.

Ich habe mich in den vergangenen Jahren immer dafür eingesetzt, dass die Verdichtung und Versiegelung in den Wohnquartieren im Rahmen bleibt und der grüne Charakter unserer Gemeinde, so gut es geht, bewahrt wird. Wir versuchen als Verwaltung, unsere großzügigen Alleen und den einzigartigen Baumbestand auf öffentlichen und privaten Grundstücken zu erhalten. Auch die Ausweisung neuer Wohngebiete auf der grünen Wiese wird nicht mehr weiterverfolgt. Insofern haben manche schon behauptet, ich verfolge eine Richtung, die grüner sei als die der Grünen.

Was in den vergangenen beiden Jahren an klimaschützenden bundespolitischen Regelungen über uns hereingebrochen ist, kommt erst langsam in seinen Auswirkungen zutage: Zum Beispiel ist gesetzlich vorgegeben, dass seit 2022 erneuerbare Energieanlagen im „überragenden öffentlichen Interesse“ liegen. Mit dieser Begründung kommen nun Verfechter von Photovoltaikanlagen in Neuenhagen auf die Idee, Gruppen mehr als hundertjähriger Bäume auf ihren Grundstücken fällen zu wollen, da diese doch Dachflächen verschatteten. Liegt der Naturschutz etwa nicht im überragenden öffentlichen Interesse, war meine Entgegnung.

Windkraftanlagen hingegen waren in Neuenhagen wegen der engen Bebauung bisher kein Thema. Nun könnte es nach der Änderung der Gesetzeslage (Privilegierung von Windkraftanlagen) dazu kommen, dass auch rund um Neuenhagen in weniger als 600 Meter Abstand von der nächsten Wohnbebauung Windkraftanlagen errichtet werden könnten. Die Planungshoheit der Gemeinde, die noch bis vor Kurzem darüber befinden konnte, wurde vom Gesetzgeber mit dem Ziel der Förderung der Windkraft empfindlich geschwächt. Diese Einschränkungen betreffen maßgeblich auch die Entscheidungsfreiheit zukünftiger Generationen. Dies sind nur einige Beispiele einer ganzen Reihe dramatischer Kursänderungen des Bundesgesetzgebers, die sich auf uns alle auswirken. Bei aller verständlichen Sorge um das Klima und dem Wunsch nach einer nachhaltigen Entwicklung finde ich, dass wir unsere Gemeinden nicht durch Eingriffe in ihre Planungshoheit schwächen dürfen. Unsere Bürger dürfen wir nicht mit reiner Regelungsdichte und kostentreibenden Anforderungen überfordern. Wenn dieser Weg eines dramatischen Umbaus der Gesellschaft von oben herab in diesem Tempo weiterbetrieben wird, ist zu befürchten, dass er zu mehr Polarisierung führen und am Ende scheitern wird.

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